Von Zürich aus ging es bei 30°C
nach Spitzbergen, wo es sonnig war (ja auch bei einer Landung um 2 Uhr nachts)
und für arktische Verhältnisse fast schon warm. Es stand eine Reise mit nur
Schweizern rund um Spitzbergen auf dem Plan. Gegen 4 Uhr war ich im Bett und um
9 Uhr fing mein Job auf dem Schiff an. Ich war sehr aufgeregt, da ich nun meine
kleine Familie wiedersehen sollte. Die Reise war ein großer Erfolg. Über
Ny-Alesund ging es bis 82° nördliche Breite. Wir haben viele Eisbären gesehen
und gigantische Zodiac-Fahrten gemacht. Ich bin das erste Mal in polare Gewässer
gefallen, als unser Zodiac von einer Welle erfasst wurde und ich habe in den 10
Tagen kaum geschlafen.
Eisbär auf Spitzbergen |
Von Longyearbyen ging es dann weiter nach Tromsö, Oslo
und Kirkenes. Dies ist der Endhafen der Hurtigruten und ein kleines Städtchen
sehr viel Wald und Seen in der Umgebung. Hier fiel mir auch auf, dass ich mein
Laptopladegerät vergessen hatte und mein Akku fast leer war. Zum Glück konnte
ich in dem doch recht kleinen Städtchen Ersatz auftreiben. Von hier ging es mit
dem Auto nach Murmansk. An der Grenze wurden wir sehr unfreundlich begrüßt,
könnten aber ohne Probleme nach Russland einreisen. Kurz vorher hatte sich der
politische Ton gegenüber Russland etwas verschärft und so durften wir vorerst
nicht aufs Schiff, was uns 3 Tage Urlaub in Murmansk bescherte. Diese Stadt ist
nur schwer beschreibbar. Eine Industriestadt mit einem großen Hafen. Hier
liegen fast alle Eisbrecher der Rosatomflot und man kann den Kohlestaub
förmlich riechen. Bei 15°C und 24 Stunden Licht am Tag, war es wärmer als
gedacht. Auch die Russen gingen in kurzen Hosen und Bikini zur Arbeit. Irgendwann
hatte auch die Warterei ein Ende und wir bezogen unser Heim für die nächsten
Wochen.
Die 50 Years of Victory |
Die 50 Years of Victory. Der zu dieser Zeit größte Eisbrecher der Welt.
Betrieben von 2 Atomreaktoren. Das Schiff hatte 15 Decks, alleine die Stufen,
die ich jeden Tag steigen musste, sind unzählbar. Zwischen dem untersten und
dem obersten Deck gab es einen gefühlten Temperaturunterschied von 40 Grad. Die
Brücke war so groß wie meine Wohnung. Zu den Annehmlichkeiten gehörten 2
Saunas, 1 Pool, 1 Fitnessstudio und eine Sporthalle, die zu meinem Lieblingsort
auf dem Schiff werden sollte. Die Kabinen waren sozialistisch eingerichtet, die
Telefone hatten Wählscheiben. Die Walkie-Talkies funktionierten durch den
dicken Stahl nur selten. Auf dem Achterdeck gab es einen Hubschrauber, der es
mir ermöglichte zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Hubschrauber zu
fliegen. Mit diesem Schiff sollte es 3 Mal bis zum Nordpol gehen und zurück.
Die erste Reise war die Schönste mit vielen internationalen Gästen an Bord. Die
zweite und dritte Reise war von chinesischen Touristen geprägt. Es dauerte fast
2 Reisen bis ich mich auf dem Schiff zurechtfand. Die Kommunikation mit der
russischen Crew war schwierig bis unmöglich. Durch die sportlichen Aktivitäten
fand ich aber Anschluss und wurde in die russische Trainingsgruppe für
Basketball und Badminton aufgenommen. Eine große Ehre. Das Schiff braucht 4
Tage Zeit zum Hochfahren der Reaktoren, d.h. bei der Rückkehr in den Hafen
wurden diese nicht ausgeschaltet. Durch die Abwärme herrschten schnell mal 30
Grad. Das Gefühl am Nordpol zu sein, war irgendwie surreal, auf dem Meereis zu
laufen war wiederrum eine gigantische Erfahrung, wenn man sich überlegt, dass
4000m Meer unter einem sind. In Erinnerung geblieben sind mir die Landschaften
in Franz-Josef-Land, die manchmal sehr surreal sind und manchmal auch stark an
Svalbard erinnern. Diese Inseln gesehen zu haben, ist auch jetzt noch eine
große Ehre, denn nur wenige Menschen haben diese Möglichkeit. Damals war es nur
3 Schiffen auf der Welt gestattet diesen russischen Nationalpark zu befahren.
Die Geschichte und Entdeckung des Archipels fasziniert mich bis heute. Die
Österreichische Expedition von Payer und Weyprecht mit der Teghetoff wird heute
als die Erste gefeiert aber auch viele folgende Entdecker, wie z.B. Nansen
trugen zur Kartierung der Inselwelt bei. Heute wird der Park von Russland
verwaltet und es gibt einige besetzte Militärstationen. Auch in Erinnerung
geblieben sind mir die Menschen, vor allem die Russen. Auf den ersten Blick
wirken sie oft grob und schlecht gelaunt, aber kennt man sie etwas länger sind
sie sehr herzlich und fürsorglich. Nie vergessen werde ich, wie sie aus Wodka,
Nescafe, Kondensmilch einen super Baileys in einem 5 Liter Emailletopf gekocht
haben…
Eisbär und Walrösser in Franz-Josef-Land |
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